Erinnern an die „stürmischen Zeiten“

Gedenkveranstaltung zu „80 Jahre Kriegsende in Ostbevern“
WN-Bericht v. Felix Strickmann, Fotos v. Janina Brandes

Samstag, 05.04.2025

OSTBEVERN. „vor 80 Jahren waren auch stürmische Zeiten“, merkte ein Mann aus dem Publikum treffend an, als der Wind den mehr als 150 Besuchern der Gedenkveranstaltung um die Ohren blies. Anlässlich des Kriegsendes in Ostbevern am 2. April 1945 hatte der Heimatverein gemeinsam mit den Kirchengemeinden zu einer Friedensandacht, einer Ausstellung und der Lesung von Zeitzeugen berichten eingeladen. Schon die große Besucherzahl machte deutlich, wie wichtig das Erinnern für die Bevergemeinde ist. „Das Heimathaus wäre aus allen Nähten geplatzt“, stellte Klaus Brandes vom Heimatverein fest, als zusätzliche Stühle herbeigeschafft wurden, die nicht für alle ausreichten.

Die Veranstaltung begann vor dem Heimathaus unter freiem Himmel mit einer Friedensandacht, bei der Egbert Bessen von der katholischen Kirchengemeinde St. Ambrosius die Bedeutung des Tages hervorhob: „Vor 80 Jahren zogen fremde Soldaten durch Ostbevern, um das Dorf zu befreien. “ Sacha Sommershof, der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde, erinnerte daran, dass die Welt bis heute nicht aus ihren Fehlern gelernt habe: „Man darf sich nicht damit abfinden, dass die Menschen noch nicht klüger geworden sind.“
Musikalisch untermalt wurde die Andacht mit Liedern wie „Wir ziehen in den Frieden“ von Udo Lindenberg oder „Freunde, dass der Mandelzweig“ von Schalom Ben-Chorin. Besonders das Zitat „Keiner will sterben, das ist doch klar. Wozu sind denn dann Kriege da? “ aus Lindenbergs „Wozu sind Kriege da?" ließ viele nachdenklich zurück.
Im Anschluss wurden Aufsätze von damaligen Schülern der 7. und 8. Klasse vorgetragen. In den Texten, die einst von Rektor Rüschhoff gesammelt wurden, schilderten die Schüler ihre Eindrücke der letzten Tage des Krieges. Mitglieder des Heimatvereins und Nachkommen der ehemaligen Schüler lasen die bewegenden Berichte. Am 2. April 1945 rückten amerikanische Panzer über den Grevener Damm an. Den Bürgern war klar, dass ein Widerstand zwecklos war. Amtsrentmeister Heinrich Reckermann übergab den Ort an die Amerikaner und forderte die Bewohner auf, weiße Fahnen zu hissen. In der Not wurde sich auch mit Betttüchern oder Unterhosen beholfen. Besonders bewegend waren die Berichte von Zeitzeugen, die von Flüchtlingsströmen erzählten, die einer „tagelangen Prozession“ glichen, von vergrabenen Wertgegenständen und vom Entsetzen der Schüler, als sie sahen, wie Soldaten starben und Häuser zerstört wurden. Manche Ostbeverner gaben flüchtenden deutschen Soldaten noch Butterbrote mit, aus Angst vor Vergeltung, falls die Amerikaner die Soldaten bei ihnen finden würden.
Im Anschluss gab es die Möglichkeit, in einer Ausstellung mit Informationsplakaten und einem Zeitstrahl, die Geschehnisse von der Karwoche über die schweren Gefechte am 3. April 1945 bis hin zu den Entwicklungen nach Kriegsende nachzuvollziehen. Weitere Termine für eine Besichtigung der Ausstellung im Heimathaus sind in Planung und werden zeitnah mitgeteilt. Den Besuchern war die Betroffenheit ins Gesicht geschrieben, als sie später durch die Ausstellung gingen. Pfarrer Sommershof brachte es während der Andacht auf den Punkt: „Die Schuld lastet immer noch auf unserem Land, und wir tragen dafür Verantwortung, dass es nie wieder passiert.“ Ostbevern solle ein Ort des Friedens und der Versöhnung sein.
Die Ausstellung zum Kriegsende ist derzeit im Heimathaus aufgebaut. Weitere Termine zur Besichtigung sind in Planung.