Ostbevern im Kaiserreich - Kriegerverein und dörfliche Gesellschaft
Das Vereinsleben zu Kaisers Zeiten
Bericht und Fotos: Heimatverein Ostbevern
Freitag, 21.04.2023
Der Leiter des Kreisarchivs, Dr. Knut Langewand, bei der Buchvorstellung.
„Schule, Kriegerverein, Wallfahrt: Die bürgerliche Gesellschaft im Kaiserreich“, zugegebenermaßen ein Buchtitel, der ja nicht vermuten lässt, dass sich viele Interessenten im Heimathaus Ostbevern einfinden würden. Eingeladen hatte der Kreis Warendorf, der Leiter des Kreisarchivs Dr. Knut Langewand, der auch die Begrüßung der knapp 40 Besucher und die Einführung ins Thema übernahm. „Ich bin stolz auf die Entstehung“ erklärte er und verwies auf die beiden Co-Autoren, die neben Nikola Böcker die Beiträge zum Buch erstellt haben. Sie hat ihre Bachelorarbeit über den Kriegerverein Ostbevern geschrieben und konnte dafür umfassende Unterlagen aus dem Kreisarchiv Warendorf nutzen. Frau Böcker freute sich über den eifrigen Schriftführer des früheren Vereins, Lehrer Brandt, der vieles umfassend dokumentiert hatte.
Ostbevern um 1900; ein Dorf mit rund 2.400 Einwohnern, landwirtschaftlich geprägt, dörfliche Strukturen, Handwerker, Kleingewerbe, Gastwirte und keine Industrietriebe. Bevölkerung fast ausschließlich katholisch. An Vereinen gibt es einen Schützenverein, Chöre und eben den am 2. Januar 1872 gegründeten Kriegerverein.
Nikola Böcker, Co-Autorin des Buches und Dr. Langewand
Dr. Langewand und Nikola Böcker brachten den Zuhörern das Zeitgeschehen und die Entwicklung in Form eines Interviews anschaulich näher. Schon bei Vereinsgründung waren 80 Mitglieder verzeichnet und in den Folgejahren stieg die Zahl auf über 200. Wenn man bedenkt, dass nur Männer, die vorher beim Militär „gedient“ hatten, Mitglied werden konnten, schon erstaunlich viele. Gründungszweck dieser Vereine, sie wurden in vielen Orten fast zeitgleich gegründet, war die Unterstützung der „Kameraden“ in Notfällen. Weiter die Sorge für ein „würdiges Begräbnis“, die Unterstützung des Kaiserreichs, der Monarchie. Natürlich auch die Aufrechterhaltung der Erinnerung an den Kriegsdienst, der Einfluss auf die Politik und im Laufe der Jahre auch viele gesellschaftliche Veranstaltungen. Dazu zählten das Kriegerfest mit Scheibenschießen, Paraden im Ort, bei denen auch die 1897 von den Herren der Loburg gestiftete Vereinsfahne präsentiert wurde und Festbälle. Zu dem örtlichen Schützenverein gab es wenig Berührungspunkte. Die kirchlichen Termine wurden beim Vereinsleben berücksichtigt, es galt Kaisertreue und Patriotismus. Um die Jahrhundertwende gab es zahlreiche, heute würde man sagen „Großevents“ mit Gästen aus den Nachbarorten und Vertretern aus der Politik. Die örtlichen Gastwirte richteten diese Veranstaltungen abwechseln aus. Erst nach dem Ende des 1. Weltkriegs wurde es ruhig um den Kriegerverein. Nikola Böcker erklärte, dass dann nur noch wenige Unterlagen aufzufinden und die Aktivitäten nicht mehr dokumentiert waren. Die Fragen der Gäste wurden gemeinschaftlich beantwortet, bevor es im recht kühlen Heimathaus – die Heizung war defekt, ein Totalschaden – eine wirklich leckere warme Suppe, von nebenan, gab. Da blieb dann noch vor dem Heimweg ein wenig Zeit für den Meinungsaustausch und Fachgespräche.