Tatort Ostbevern – Kriminallesung mit Gänsehautfeeling

Bericht und Fotos Alfred Stiller

Mittwoch, 31.08.2022

Gisbert Strotdrees liest im Heimathaus
Wenn Gisbert Strotdrees erzählte, sinnierte und vorlas, lief dem ein oder anderen Zuhörer schon mal ein kalter Schauer über den Rücken. Die historischen Kriminalfälle vom Land, die er für sein Buch „Tatort Dorf“ umfassend recherchiert hatte, streckten sich über mehrere Jahrhunderte. Einige davon präsentierte er den 20 Zuhörern im Heimathaus, die der Einladung des Kultur Forum Ostbevern gefolgt waren, welches die Veranstaltung mit dem Heimatverein Ostbevern in Kooperation anbot.
Der abgedunkelte Tennenraum im über 200 Jahre alten Gebäude war für die Lesung sichtlich gut geeignet. „Misstrau der Idylle“ war eine der ersten Aussagen vom Autor Gisbert Strotdrees, als er seine Arbeit zum jetzigen Buch beschrieb. Dem Buch zugrunde lag eine Artikelserie die das Landwirtschaftliche Wochenblatt Westfalen-Lippe veröffentlicht hatte. Er wollte aber nicht über Mord und Totschlag im Stil einer Boulevardzeitung mit hoher Auflage berichten, sondern ganz speziell auch über Hintergründe der Taten, die Menschen die betroffen waren, die Täter aber auch die Gesellschaft an sich und dies unter Berücksichtigung der jeweiligen Epoche.
„Beginnen Sie mit einem Erdbeben und steigern Sie sich dann“ so leitete er verschmitzt schmunzelnd zum ersten Kriminalfall über. Es ging um die Ermordung des Kölner Erzbischofs Engelbert im Jahr 1225. Alte Niederschriften eines Zisterziensermönchs geben, trotz einiger Widersprüche, Auskunft über den Mord und die grausame Hinrichtung des adeligen Täters. Nochmals um einen Bischof ging es dann im Jahr 1534 – Zeit der Wiedertäufer – als quasi in der Nachbarschaft in Münster Wolbeck die aus Friesland stammende Hille Feicken versucht hat, den Bischof von Münster zu ermorden. Ihr Plan scheiterte und sie wurde auf dem Galgenberg in Bevergern enthauptet. Auch zu diesem „Fall“ gab es ausführliche Informationen und die Zuhörer wurden eingebunden in eine Zeit, als Menschenleben wenig oder sogar nichts galten.
Automobile Attentate waren aus der Anfangszeit der Motorisierung aufgeschrieben, wenn Dorfbewohner Drahtseile über Straßen spannten und dadurch Automobilisten ums Leben kamen. Der Ort Enniger, ein Mord an einer jungen Frau und viele Gerüchte um einen Täter, der nie gefasst wurde und zur Vertreibung aller jüdischer Mitbewohner des Ortes führte, spiele sich nicht etwa in den 1930/1940er Jahren ab, sondern im Jahre 1873. Auch der Fall des „Waldmenschen“, der erst nach 573 Tagen Fahndung, mehr oder weniger zufällig gefasst und wegen Mordes inhaftiert werden konnte, wurde anschaulich und exakt beleuchtet. Das warf auf die staatlichen Behörden wegen diverser Fahndungspannen Mitte der 1960er Jahre aber kein gutes Licht. Sonja Flaute dankte Gisbert Strotdrees für den interessanten Abend und dieser beantwortete noch einige Fragen und entließ die Gäste augenzwinkernd mit einem „passen sie auf dem Nachhauseweg gut auf“ in die zwischenzeitlich dunkle Nacht.